Westafrika 2005 - 2006 Bericht 4 Mali 14. - 30. November 2005

Route

Ségou – Djenné – Douentza – Timbuktu – Douentza – Dogonland (Bandiagara) – Bankass – Koro (Grenze nach Burkina Faso) – Thiou – Ouahigouya – Ouagadougou (Hauptstadt von Burkina Faso)

Mali - Landschaft, Land und Leute

In Ségou verweilen wir einige Tage. Wir verarbeiten die Eindrücke der letzten Wochen und erkennen bald deutliche Unterschiede zwischen der mauretanischen und malischen Bevölkerung. In dieser malischen Kleinstadt sind die Menschen allgemein viel offener und die Frauen sind hier nicht mehr so verschleiert wie in Mauretanien. Sie sitzen mit ihren Kindern den ganzen Tag am Strassenrand und verkaufen irgendwelche Lebensmittel oder kochen auf den kleinen Holzkohleofen diverse Häppchen. Aus Rücksicht auf unsere Verdauung sind wir eher vorsichtig mit dem Ausprobieren solcher Mahlzeiten. Diese sind nicht für unsere westlichen Mägen gemacht ….

Wir sehen dem regen Treiben auf der Strasse zu. Besonders interessant geht es am Niger zu und her. Auf- und Abladen der Fährboote mit Lebensmitteln, Velos, Mofas, Tieren und natürlich immer viele viele Menschen. Entlang des breiten Niger wird viel Reis, Hirse und auch Gemüse angepflanzt. Die Bewässerungssysteme sind jedoch sehr bescheiden. Mit meist wenig Aufwand könnte viel mehr erwirtschaftet werden. Ausserdem gibt’s tausende von Rindern und viele Schafe, Ziegen und Esel.

Wir besuchen Djenné, ein typisches Dorf der Songhay-Bevölkerung. Dort befindet sich die grösste in diesem Baustil errichtete Moschee. Das Dorf ist vom Bani, einem Seitenfluss des Niger, umgeben und ist nur über einen Damm zu erreichen. Auf der anderen Seite verlassen wir das Dorf auf einer Fähre.

Unser nächstes Ziel: Timbuktu. Nun können auch wir sagen: Ich war einmal in meinem Leben in Timbuktu, der Stadt mit den goldenen Dächern! Die 230km von Douentza nach Timbuktu ist die schlimmste Wellblechpiste die wir je gefahren sind! Kurz vor Timbuktu müssen wir den Niger mit einer Fähre überqueren. Der Preis für die Überfahrt ist abhängig von der Anzahl Fahrzeuge. Bei maximal vier Autos kostet die Fahrt 3'500 CFA, wenn nur ein Auto transportiert wird 12'000 CFA (1000 CFA = 2.30 CHF). Von den zwei anderen Anfahrtsrouten nach Timbuktu wurde uns abgeraten, weil es nördlich des Niger doch immer wieder zu Überfällen durch Banditen kommen soll.

In Timbuktu bot uns ein Tuareg namens Ahmed an, die Stadt zu zeigen. Er erklärte uns aus seiner Sicht, wie die Tuareg (Nomaden der Wüste) aus dieser Gegend vertrieben und nach ihrer Rückkehr unterdrückt worden seien. Die ihnen versprochenen Rechte seien ihnen nicht gewährt worden. Deshalb sei es dann zum Aufstand der Tuareg gegenüber der Regierung gekommen. Obwohl der Krieg in Timbuktu schon einige Jahre beendet ist, spürt man die Angespanntheit zwischen den Tuareg und der übrigen Bevölkerung immer noch. Wir verbrachten einen Abend bei Ahmed und seiner Familie in den Dünen. Er erzählte uns, wie sein Vater und viele andere von den Regierungstruppen umgebracht oder vertrieben worden sind. So spüren wir Ahmeds Verbitterung, seinen Hass und seine Unzufriedenheit. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von der Familie. Zurück in Timbuktu kaufen wir noch ein paar Lebensmittel und machen uns auf den Rückweg.

Hier eine kleine Geschichte aus dem Alltag:

Nachdem wir den Niger mit der Fähre wieder überquert hatten, hat uns ein uniformierter Herr von der Gendarmerie eindringlich gebeten, ihn doch bis in sein 5km entfernt gelegenes Dorf mitzunehmen. Daniel und ich zögerten lange, ob wir von unserem Grundsatz, niemanden in unserem Auto mitzunehmen, abweichen sollten oder nicht. Der Uniformierte drängte sich förmlich auf und wir dachten, na ja, für 5km könnten wir es wagen ihn mitzunehmen. Er setzte sich mit all seinem Gepäck hinten ins Auto und meinte, er würde uns dann sagen, wo er aussteigen wolle. Nach 10km fragte ich ihn höflich, wo denn nun sein Dorf sei. Er gab uns deutlich zu verstehen, dass er nicht in irgend ein Dorf wolle, sondern in das 230km entfernte Douentza. Ich erwiderte, dass wir dies so nicht vereinbart hätten. Unfreundlich und forsch gab er uns zu verstehen, dass er von der Gendarmerie sei und genau wisse, was er gesagt habe! Da hatten wir nun „das Geschenk“! Im Wissen darum, dass wir uns in einem fremden Land befinden und die Korruption und Willkür der Gendarmerie und Polizei hier bekannt und berüchtigt ist, zogen wir es vor zu schweigen. Wir ärgerten uns, dass wir auf diesen Typen reingefallen waren und hofften zugleich, dass wir ihn dann ohne weitere Probleme in Douentza auch wirklich wieder aus unserem Auto „rausspedieren“ konnten. Unsere einzigste kleine Schadenfreude war, dass es für ihn hinten im Auto nicht bequem war und Daniel ab und zu etwas zu schnell über die Bodenwellen fahren konnte, so dass er einige Male mit dem Kopf gegen das Autodach schlug….. In Douentza stieg er aus, natürlich ohne für seine Mitfahrgelegenheit zu bezahlen!

Dogonland und Umgebung von Bandiagara

Die Gegend des Dogonvolks wird stark touristisch vermarktet. Überall wird einem erklärt, dass man sich nicht ohne Führer in dieser Gegend aufhalten und schon gar nicht mit eigenem Auto dorthin fahren dürfe. Ohne vorgängige Reservationen zum Übernachten fände man nirgends einen Platz… und viele weitere Schauermärchen!

Daniel und ich zogen es vor, Pisten und Routen zu fahren, welche touristisch kaum er-schlossen sind. In den abgelegenen Dörfern der Dogon hatten wir eindrückliche Begeg-nungen mit der Bevölkerung. Oftmals, wenn wir ein Dorf erreichten, konnten wir uns nur mit Händen und Füssen verständigen. Wir verstanden ihre Sprache nicht und sie sprachen kein Französisch. Trotz diesen „Verständigungsschwierigkeiten“ spürten wir immer, dass wir herzlich willkommen waren. Wir denken, dass Einige wohl zum ersten Mal weisse Menschen gesehen haben. In einem Dorf wurde ich von etwa 15 hübsch gekleideten und mit Ohr- und Nasenringen verzierten jungen Frauen und Mädchen umringt und jede wollte meine Hände und Arme anfassen, um zu spüren, ob diese weisse Haut wirklich echt ist. Die Jungs hängten sich wie Kletten an Daniel und mussten ebenfalls fühlen, ob sich seine weisse Haut gleich anfühlt wie die ihre! Sie waren so fasziniert, dass sie uns kaum noch weiter fahren lassen wollten.

Als wir uns eines Abends in der Nähe eines Dorfes zum Übernachten nieder liessen, wurden wir zunächst von den Schaf- und Ziegenhirten aus sicherer Entfernung wie Ausserirdische betrachtet. Die Neugier der Jungs und Mädchen trieb sie jedoch nach und nach näher an uns heran, einige zogen es vor zurück in ihr Dorf zu gehen und unsere Ankunft mitzuteilen. Ein junger Mann aus dem Dorf kam dann zu uns und wir fragten ihn, ob wir hier übernachten dürften. Auch hier wurden wir freundlich eingeladen zu bleiben. Am nächsten Morgen als wir am Frühstückstisch sassen ging das „Schauspiel“ weiter. Die Frauen des Dorfes marschierten zum einige hundert Meter entfernten Brunnen um Wasser zu holen. Doch auch diese waren neugierig auf uns Fremde. Anstatt zum Brunnen zu gehen, stellten sie alle ihre Wasserkessel in einer Entfernung von ca. 6 Metern vor uns hin, setzten sich darauf und sahen uns interessiert beim Frühstücken zu. Sie lachten und tuschelten über fast jede unserer Handbewegungen und wir kamen uns vor wie die Affen im Zoo! Ohne Scham nahmen die Frauen ihre Babys vom Rücken und hielten sie zum Stillen an ihre Brust. Nach einiger Zeit verabschiedeten sie sich mit freundlichem Winken und machten sie sich auf den Weg zum Wasser holen.

Wir besichtigten ein typisches Dogondorf, welches über eine eigene grosse Quelle aus den Felsen von Baniagara verfügt. Es wachsen dort Bananen, Papaya, Mango, Zitronen, Bohnen, Salat und vieles mehr. Trotz der Vielfalt an Früchten, Gemüse und Rindern erschraken wir über die vielen Kinder mit Wasserbäuchen und solchen mit geistiger Behinderung. Für uns ist es unerklärlich, weshalb die Leute bei solch fruchtbarem Boden an Mangelernährung leiden!

Auf dem Plateau der Felsen von Bandiagara (diese sind ca. 500m über Meer) wird das Wasser in kleinen Stauseen gespeichert und dann mit einfachen handbetriebenen Was-serpumpen auf ihre Zwiebelfelder verteilt. Das Dogonland ist bekannt für den Anbau dieser kleinen Zwiebelsorte. Die Frauen vermischen die Zwiebeln mit Pfefferschotten, Kräutern und Gewürzen und stellen eiergrosse Zwiebelbällchen her. Diese werden sackweise abgepackt und verkauft. Auch wir finden diese Zwiebelbällchen fein; sie sind besonders geeignet für Saucen.

In den Felsen von Bandiagara gibt es aus früheren Zeiten Behausungen der damaligen Bevölkerung, der Telem. Die Dogon haben diese kleinwüchsigen Menschen vertrieben und erstellten unterhalb der Felsen ihre Dörfer. Sie haben ehrfürchtige und fantasievolle Vorstellungen dafür, wie die Telem in den kleinen vogelnestartigen Häuschen gelebt haben sollen. Auf unsere Anfrage, ob man die Behausungen besichtigen könne, verneinten sie stets und wiesen darauf hin, dass niemand diese betreten dürfe.

Wir vermuten, dass die Telem nicht selbst in den kleinen Häuschen gewohnt haben, sondern Nester für die dort lebenden Vögel gebaut hatten, um sich von deren Eiern oder auch den Vögeln selbst zu ernähren.

Nach den Tagen in der Abgeschiedenheit dieser Dörfer erreichten wir die touristisch erschlossene Gegend im Dogonland. Wir sind entsetzt über die Aufdringlichkeit und Hartnäckigkeit der Führer hier. Sie können und wollen nicht akzeptieren, dass man sich auch ohne ihre Begleitung in der Gegend zurecht findet. Wenn wir jeweils freundlich ihre Begleitung ablehnten, wurden sie sofort aggressiv und ausfällig. In einem Restaurant kam es soweit, dass Daniel und ich unsere Getränke bezahlten, stehen liessen und wegfuhren, weil uns ein angetrunkener Führer nicht mehr in Ruhe liess!

Grenze Mali / Burkina Faso in Koro resp. Thiou

Nun hält uns nichts mehr in dieser Gegend. Deshalb nehmen wir den direktesten Weg über die Grenze nach Bukina Faso. Da wir bei der Einreise nach Mali bei keinem offiziellen Grenzposten vorbei kamen, hatten wir kein „Laissez passer“ für unser Auto bezahlt und auch keinen Stempel im Carnet de passages. Wir stellten uns am malischen Zoll unwissend und nach einiger Zeit liessen sie uns ohne weiteres ausreisen.

Die Versuche des burkinesischen Zöllners, uns eine unrechtmässige Gebühr abzuknöpfen, konnten wir ebenfalls erfolgreich abwehren. Er wollte eine Gebühr von umgerechnet CHF 8.00 verlangen, weil wir mittags nach 12 Uhr über die Grenze wollten. Dies sei eben einfach so. Wir erklärten ihm höflich, dass wir nicht bereit seien diese Gebühr zu bezahlen, und machten ihm den Vorschlag hinter dem Zollhäuschen zu campieren, um dann am folgenden Morgen die Grenze zu passieren. Dies war dem Zöllner dann doch zuviel und plötzlich konnten wir, ohne irgendetwas zu bezahlen, weiterfahren. Er wird sich gedacht haben: Versuchen kann man’s ja bei den Touristen!

Im kleinen Ort Ouahigouya fanden wir keine geeignete Möglichkeit zum Übernachten und fuhren deshalb weiter bis in die Hauptstadt von Burkina Faso, Ouagadougou. Hier erlebten wir gleich bei der Ankunft eine weitere Geschichte… doch mehr dazu im nächsten Bericht.